Offener Brief von Alvo von Alvensleben an Professor Rahmstorf zu seiner Gegendarstellung im Internet zum Vortrag „Kohlendioxid und Klima“
Vortrag vor Old Table, Freiburg am 21.2.2002

Sehr geehrter Herr Professor!

Sie haben vor einigen Tagen (Ende Februar 2004) Herrn Matthias Bumann und Herrn Peter Krahmer gebeten, auf ihren Webseiten [A,B] in meinen Vortragstext „Kohlendioxid und Klima” vom Februar 2002 einen Hinweis auf Ihre Webseite [C] aufzunehmen. Dort kommentieren Sie detailliert meinen Vortrag.

Ich habe in Ihrem Text zwar wenig für mich Neues gefunden, aber doch manche erwünschte Ergänzung aus der Sicht des Spezialisten, die für Ihre und meine Leser interessant ist. In den in meiner Einschätzung entscheidenden Punkten liegen Sie aber falsch – wovon sich die Leser im weiteren Verlauf dieses Briefes überzeugen können.

Verwundert hat mich zunächst, daß Sie mich nicht direkt auf Ihre Fleißarbeit aufmerksam gemacht haben, geschweige denn, daß Sie mir vorher Gelegenheit zu einer Entgegnung gegeben hätten. Es hätte Ihnen vielleicht ermöglicht, die schwerwiegenden Fehler in Ihrem Kommentar zu vermeiden, mit denen Sie Ihre Argumente entwerten, Ihrem Anliegen schaden und Ihr Ansehen wie das Ihrer Zunft schwer beschädigen.

In Ihrem Schreiben an Herrn Bumann begründen Sie Ihre Arbeit: „Da dieser Artikel aus klimatologischer Sicht doch erhebliche Falschdarstellungen enthält, habe ich mir die Mühe gemacht, einen fachlichen Kommentar dazu zu publizieren”. Unglücklicherweise ist es Ihnen dabei an mehreren Stellen unterlaufen, korrekte Informationen von mir durch falsche von Ihnen zu ersetzen oder von mir angegebene Zahlen durch unqualifizierte Kritik („Dies sind Phantasiezahlen”) unglaubwürdig zu machen. Ferner haben Sie viel Fleiß darauf verwendet, eine Behauptung zu widerlegen, die ich gar nicht aufgestellt habe. Das wäre ja nicht weiter schlimm, da ich dieser Widerlegung ja gern zustimme, aber Sie leiten daraus ab, daß meine Argumentation in sich widersprüchlich sei, und das ist schlicht unzutreffend (s. weiter unten).

Ihr Kommentar ist weitgehend in sachlichem Stil abgefaßt, wie es einer sachlich-fachlichen Diskussion angemessen ist. Ich bemühe mich, im gleichen Stil zu antworten. An zwei Stellen allerdings fällt mir das ungewöhnlich schwer: Ihre herabsetzende Charakterisierung der von mir meistzitierten Autoren John Daly (Tasmanien, verstorben am 29. Januar 2004) als „pensionierter Seemann” und Peter Dietze als „Pensionär ohne naturwissenschaftliche Ausbildung” kann ich nicht kommentarlos hinnehmen. Ich denke, die Widerlegung der Argumente wissenschaftlicher Gegner sollte sich auf eine Auseinandersetzung mit deren Argumenten, nicht auf ihre angeblich ungenügende Qualifikation stützen. Sie haben zu recht darauf hingewiesen, daß im Internet auch sehr viel Unsinn veröffentlicht wird, unter anderem deshalb, weil es kein Gutachtersystem für Internetbeiträge gibt. Dabei haben Sie leider „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet”: Daly und Dietze haben sich beide „full time” seit 17 Jahren mit Klimatologie beschäftigt (also 2 Jahre länger als Sie!), und wenn Sie beiden Kompetenz absprechen, so reden Sie „wie der Blinde von der Farbe”.

Diplom-Ingenieur Peter Dietze ist – wie Sie – Akademiker und hat – wie Sie – nicht ursprünglich Klimatologie studiert, sich aber das notwendige Fachwissen selbst erarbeitet. Was Sie weiter über ihn sagen – Stichworte „Privattheorie” und „Trugschlüsse”, so zwingen mich Ihre Äußerungen zu dem Schluß, daß Sie Dietzes Arbeiten entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben. Letzteres ist verzeihlich, entschuldigt aber nicht die abfälligen Bemerkungen über seine Qualifikation. Die „Privattheorie” steht im Internet in deutscher Sprache unter „Der Klima-Flop des IPCC” [1] und fordert einige Fachkenntnisse und intensives Mitdenken. Die zugehörige Literaturliste enthält 69 Zitate. Die englische Fassung hat den Titel: „IPCC's most essential model errors” [2]. Sie versuchen, die Veranstaltung mit Dietzes Vortrag im Mai 2001 im US-Repräsentantenhaus zu einer reinen Lobbyveranstaltung zu degradieren. Wollen Sie uns glauben machen, diese Herren würden ihre kostbare Zeit für das Anhören unqualifizierter Lobbyisten vergeuden?

Vielleicht ist Ihnen nicht bewußt, daß es sich beim Kohlenstoffzyklus um ein Regelungsproblem handelt, das man sehr gut mit den Methoden der Regeltechnik abbilden, beschreiben und behandeln kann. Fachleute für Regeltechnik wie Herrn Dietze gibt es unter den Klimatologen wohl eher selten. Daher tun Klimatologen sich schwer, Dietzes Analysen zu verstehen und nachzuvollziehen. Sollten sie also mit den „Trugschlüssen” auf die Verweilzeit des CO2 in der Atmosphäre angespielt haben, so wird Dietzes Zahlenwert von 55 Jahren (Abfall auf 1/e, abgeleitet aus empirischen Daten) gestützt durch die unabhängige theoretische Berechnung des Chemikers und Verfahrenstechnikers Ahlbeck, der den Wert zu 55,02 Jahren bestimmte. Die entsprechenden Verweildauern, die das IPCC implizit benutzt, sind um Faktoren 2 bis 10 größer und mit der Erfahrung unvereinbar – oder deutlicher gesagt: Sie sind völlig falsch. In eingehenden öffentlich dokumentierten Internetdiskussionen unter dem Titel „Carbon Model Calculations” und anschließendem „Open Review” hat Herr Dietze sich mit Kritikern wie Jan Goudriaan, Fortunat Joos, Brian O'Neill und Tom Wigley detailliert auseinandergesetzt, und er konnte alle Einwendungen – für mich nachvollziehbar und daher überzeugend – widerlegen [3].

Die Situation in dem genannten Open Review ist so ähnlich wie die im folgenden Beispiel:
Der Modellierer gleicht einem Buchhalter, der den Kassenstand ermitteln will, indem er alle Einnahmen und Ausgaben addiert – und hofft, daß er alle Positionen zahlen- und vorzeichenmäßig richtig eingetragen hat. Der messende Beobachter gleicht dem Kassierer: Er zählt abends, was er in der Kasse hat. Dann kennt er exakt die Bilanz der Einnahmen und Ausgaben und ist sicher, daß alle Ein- und Ausgänge exakt erfaßt sind. John Daly war Offizier der britischen Handelsmarine. Alle seine Internetbeiträge hat er nicht nur einigen Gutachtern vorgelegt, sondern der Gemeinschaft aller Wissenschaftler – indem er stets die Arbeiten, die er kommentierte oder kritisierte, als anklickbares Link im Original dem Leser unmittelbar zugänglich machte – und dazu auch weitere Daten, z.B. die Temperaturmessungen des betreffenden Ortes und der entsprechenden Zeit, oder die Pegelmessungen. Jeder Leser konnte sich unmittelbar davon überzeugen, daß Dalys Kritik berechtigt war. Das ist eine Art der Veröffentlichung, die absolut vorbildlich ist – mir ist kein Wissenschaftler bekannt, der mit größerer Exaktheit und Sorgfalt im Detail veröffentlicht hätte als der nichtakademische „pensionierte Seemann” John Daly.

Ich habe seine Quellen häufig überprüft, schon weil ich mich sträubte, zu glauben, daß referierte Artikel in „Science” oder „Nature” soweit „daneben” liegen könnten. Solche Prüfungen gingen regelmäßig zugunsten Dalys aus. In Einzelfällen, in denen ihm Fehler unterliefen, wiesen ich oder andere ihn per E-mail darauf hin, und es dauerte nie länger als 24 Stunden, bis der Fehler korrigiert war. Daly war kein Professor und kein Doktor – aber er war scharfsinniger und sorgfältiger als fast alle, die diese Titel durch ihr akademisches Studium erworben haben. Musterbeispiele seiner Publikationen (allen Lesern zur Lektüre empfohlen!) sind: Seine Studie [4] über „The Ice of Kilimanjaro” (Rückgang nicht durch „global warming” verursacht!), seine Erörterung „Greening Earth” [5] der Ursachen des Grünerwerdens der Natur im Bereich von 30° bis 70° nördlicher Breite (dessen wichtigste Ursache, die CO2-Zunahme, den Autoren und den Gutachtern in „Nature” entgangen war), seine Studien „Testing the waters – A report on sea levels” (July 2000) [6] zur Meßgenauigkeit von Meeresspiegelschwankungen, seine sorgfältige Untersuchung der Mean-Sea-Level-Markierung von 1841 auf der „Isle of the Dead” bei Tasmanien und – last but not least – seine Kritik der Arbeit in „Nature” vom Januar 2004 über das massenhafte Artensterben als Folge der globalen Erwärmung bis 2050. Dazu mehr weiter unten.

Hier ein Beitrag zum Thema „Nordpoleis”:
Sie zitieren die Beobachtungen militärischer U-Boote, nach denen die mittlere Eisdicke in den vergangenen 30 Jahren um 40% zurückgegangen sei. Offenbar halten Sie – und mit Ihnen Ihre Fachkollegen wie auch die durchschnittlich informierten Zeitungsleser – das für einen unabhängigen Nachweis der “globalen Erwärmung”. Es klingt ja auch für den naiven Beobachter plausibel.
Wenn Meßergebnisse und Modelle nicht in Übereinstimmung zu bringen sind, dann haben die ohne detaillierte Kenntnisse dessen, was in der Arktis vorgeht, wie eine eindeutige und unwiderlegbare Bestätigung. Aber – wie so oft – steckt der Teufel im Detail. John Daly hat das Thema im notwendigen Detail untersucht und am 1.2.2001 unter dem Titel „The Top of the World: Is the North Pole Turning to Water?” veröffentlicht.[7] Es ist ein didaktisch und wissenschaftlich brillanter Artikel, unbedingt lesens- und beachtenswert für jeden Klima-Interessierten. Der Schlußsatz lautet:
„There is nothing in the data to suggest anything but natural cycles at work”. Anders ausgedrückt: Mit „global warming” hat die zeitweilige Abnahme des Nordpoleises nichts - NICHTS – zu tun.

Nun zu der oben erwähnten Frage des Artensterbens: Sie zitieren eher beiläufig die Arbeit [8] von Thomas et.al. in Nature vom Januar 2004: „Eine neue Studie von Biologen schätzt, daß bei ungebremster Erwärmung bis zum Jahr 2050 bis zu einem Viertel aller Tierarten vom Aussterben bedroht sein könnte” (Nr. 12 in Ihrer Literaturliste). Die vorsichtige Ausdrucksweise „sein könnte” ist verräterisch. Vielleicht haben Sie selbst bemerkt, wie dürftig die Belege für diese Hypothese tatsächlich sind. Dalys ironische und dennoch fundierte Kritik [9] („Species Extinction – One Million or Just One?”) an dieser Studie wird ergänzt durch Beiträge zum gleichen Thema von Idso, Idso und Idso in www.CO2Science.org. [10] („Mass Extinction or Massive Exaggeration? New Study Makes Monumental Claim Based on Erroneous Premise”)

John Daly und die Idsos haben – jeder auf seine Art – den Unfug bloßgelegt; Daly in gewohnter Weise durch Links zu den relevanten Beobachtungsdaten, anhand derer man sich unmittelbar von der Unhaltbarkeit der Thesen der 19 (!) Autoren überzeugen kann, und die Idsos durch eine tiefer schürfende Analyse der Wirkungen wärmeren Klimas auf die Tier- und Pflanzenwelt („The Specter of Species Extinction” – Das Gespenst des Artensterbens). Ihr Ergebnis: Es ist unwahrscheinlich, daß irgend eine Art als Folge der (zu erwartenden geringen) Erwärmung aussterben könnte. Im Gegenteil: Es spricht vieles dafür, daß die Artenvielfalt zunehmen wird, und daß die besiedelbaren Lebensräume der vorhandenen Arten sich polwärts, bergwärts und wüstenwärts erweitern werden.

Ganz nebenbei entspricht dieser Befund auch der altbekannten Tatsache, daß die Artenvielfalt vom Pol zum Äquator, also von kälteren zu wärmeren Klimazonen hin ansteigt. Schon das hätte mindestens die Gutachter von „Nature” mißtrauisch machen sollen. Aber das Dogma von der Gefährlichkeit der Klimaerwärmung hat sich offenbar schon so tief in den Köpfen der Gutachter eingefressen, daß sie auf die ganz normale alltägliche Lebenserfahrung gar nicht mehr zurückgreifen. Darf ich noch ein Zitat anhängen? „Verstand ist stets bei Wen’gen nur gewesen ...” (Schiller)

An dieser Stelle nun wird es Zeit, auf die „dicksten Hämmer” Ihrer Argumentation einzugehen.

Der Ausgangspunkt meines Vortrags vor 2 Jahren war die Nicht-Übereinstimmung der von Satelliten gefundenen Temperaturen und der 10-Jahres-Trends der Troposphäre mit den „Bodenmessungen” (in 2 m Höhe) der Meteorologen. Ich darf dazu sagen, daß ich früher einmal an Gefahren durch globale Erwärmung geglaubt habe. 1986 und noch 1991 habe ich in Vorträgen darauf hingewiesen und davor gewarnt. Man kann mir also sicher nicht nachsagen, ich sei mit der vorgefaßten Meinung an mein Thema herangegangen, die globale Erwärmung sei „ein Märchen”. Wie kann man nun Klarheit schaffen, wer hier recht hat? Sie, sehr geehrter Herr Professor, suchen die Wahrheit in der öffentlich geführten Debatte der Fachwissenschaftler, die, wie Sie meinen, schließlich erweisen müsse, was Bestand hat. Ich stimme Ihnen darin zu – nur kann das manchmal zu lange dauern. Ich weiß ein noch besseres Verfahren: Wenn ein Meßergebnis umstritten ist, dann prüfe man es nach durch wiederholte unabhängige Messungen der gleiche Meßgröße mit unabhängigen Verfahren von unabhängigen Wissenschaftlern.

Sie zitieren die Arbeit von Vinnikov und Grody [11]. Diese Autoren haben keine unabhängige Messung gemacht, sondern die vorhandenen Messungen neu analysiert und dabei einen Trend von 0,22 bis 0,26°C pro Dekade „entdeckt”. Das Pech der beiden Autoren ist, daß es längst die von mir geforderten wiederholten unabhängigen Messungen, Meßverfahren und Beobachter gibt – 2 mal tägliche Ballonsondenaufstiege an vielen Stellen der Erde, die die Satellitenmessungen auf wenige Hundertstel °C genau bestätigen. Und der von beiden Meßverfahren ermittelte Wert des 10-Jahres-Trends beträgt (von November 1978 bis November 2003, [12]) – für die Nordhalbkugel 0,147°C, für die Südhalbkugel 0,006°C, global 0,076 °C — ein Drittel des Wertes bei Vinnikov und Grody: Ein Drittel!

Sie haben also das zentrale Argument meines Vortrags, den (Anfang 2002) korrekt von mir zitierten geringe Erwärmungstrend der Troposphäre gemäß Satellitenmessungen von Christy und Spencer ersetzt durch die 3 mal größeren, also grob falsche Zahl von Vinnikov und Grody. Eine leicht verständliche Darstellung dessen, was da passiert ist, findet man unter [13].

Ich nehme zu Ihrer Ehre an, daß Sie die Fehler in der genannten Arbeit nicht gekannt haben.

Die Widerlegungen wurden zwar alle noch 2003 veröffentlicht, aber ein Forscher, der aktiv in der Wissenschaft arbeitet, kann nicht immer alle relevanten Arbeiten seines Forschungsgebietes gleich nach Erscheinen gelesen haben. Sie haben nun argumentiert, die Bodenmessungen zeigten eben die globale Erwärmung, auch wenn die Satelliten für den bodenfernen Bereich der Troposphäre die Erwärmung nicht gemessen hätten. Aber das rettet die behauptete Klimaerwärmung nicht – sagen doch alle Modelle, daß die Erwärmung in der Höhe stärker sein müßte als am Boden. [14] Genau das hatten Vinnikov und Grody ja auch gefunden – bei ihnen war der Troposphärenwert noch um 50% höher als der Bodenwert. Das paßte so nahtlos in die Theorien der IPCC-Klimatologen, daß sie es wohl gar nicht mehr für nötig hielten, das Ergebnis zu hinterfragen. Wir sollten uns aber doch darüber einigen können, daß unabhängig gewonnene Meßergebnisse mit andersartigen Verfahren das beste verfügbare Kriterium für Richtig oder Falsch in der Wissenschaft sind. Und danach ist das Ergebnis von Vinnikov und Grody, auf das Sie sich berufen, falsch.

Im Zusammenhang mit dem jetzt diskutierten Zertifikathandel kann man in der Presse oft von „Verschmutzungsrechten” lesen, wo es um Emissionsrechte für CO2 geht. Das Wort „Verschmutzungsrechte” kennzeichnet ein groteskes Mißverständnis. Man kann es gar nicht nachdrücklich genug zurückweisen. (Sie, Herr Professor, haben es auch nicht verwendet). CO2 ist kein Schmutz – CO2 ist ein Nahrungsmittel zur Ernährung von Pflanzen, und es ist so „schädlich” wie Muttermilch für Säuglinge. Ich habe in meinem kritisierten Vortrag eine Graphik gebracht, die Meßergebnisse über das Wachstum von Sojabohnen zeigt, wenn man sie in CO2-abgereicherten oder angereicherten Atmosphären wachsen läßt. Die CO2-Gehalte reichten von 160 ppm über 220, 280, 330, 660 bis 990 ppm (Parts pro Million), also dem 2,64-fachen Wert des gegenwärtigen CO2-Gehalts von 375 ppm. Als Basis für die Berechnung von Ab- bzw. Zunahme diente das Wachstum bei 330 ppm, das in der Erdatmosphäre etwa 1975 erreicht war. Man erkennt leicht, daß auch beim Dreifachen des Basis-CO2-Gehalts noch keine Sättigung des Zuwachses erreicht ist.

Das sollte jeden Kritiker gleich zweifach vorsichtig machen: Erstens sind die von mir gemachten Angaben keine „Phantasiezahlen”, und zweitens ist der aktuelle Wert des CO2-Gehalts der Atmosphäre noch fern davon, bei den meisten Nahrungspflanzen den Zuwachs in den Bereich der Sättigung zu bringen. (Selbstverständlich habe ich mich mit diesem Thema gründlich beschäftigt, bevor ich meinen Vortrag entwarf – mein Versäumnis besteht lediglich darin, die Quellen meiner Informationen nicht mitgeteilt zu haben, sodaß bei Ihnen der Eindruck entstehen konnte, ich hätte Phantasiezahlen erfunden). Ich beeile mich, zu Ihrer Information ein paar belegbare Zahlen nachzutragen.

Seit Beginn der industriellen Revolution ist der CO2-Gehalt der Atmosphäre um rund 100 ppm gestiegen – von ca. 275 auf 375 ppm. Am 9. April 2003 faßte das „Center for the Study of Carbon Dioxide and Global Change” in einem Redaktionsbeitrag [17] die Ergebnisse von Hunderten von Experimenten zusammen, die in einzelnen Artikeln des CO2-Science-Magazins zuvor über Jahre hin beschrieben worden waren (Übersetzung von mir):

„Was haben diese zusätzlichen 100 ppm uns in Form erhöhter landwirtschaftlicher Produktivität gebracht? In unserem Redaktionsbeitrag vom 11. Juli 2001 haben wir experimentelle Arbeiten beschrieben, die auf Studien von Mayeux et. al. (1997) und von Idso und Idso (2000) beruhten. Aus ihnen läßt sich ableiten, daß der Luftdüngungseffekt zu folgenden mittleren Ertragssteigerungen geführt hat:
70% für C3-Getreide,
28% für C4-Getreide,
33% für Obst und Melonen,
62% für Hülsenfrüchte,
67% für Wurzel- und Knollengewächse und
51% für Gemüse.”

Der Artikel fährt dann fort: „Dieser historische CO2-induzierte Erntezuwachs ... war völlig ungeplant vom Menschen. Er stellte sich ein allein als Folge der Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 durch die Menschheit. Darüber hinaus ist dieser unverhoffte Segen nicht nur ein Vorgang aus der Vergangenheit, denn wenn wir es zulassen, werden die Ernteerträge in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch weiter anwachsen, wenn der CO2-Gehalt der Atmosphäre fortfährt zu steigen.”

Die Mitarbeiter des IPCC haben sicher mindestens einen Teil dieser Ergebnisse gekannt. Im kompletten IPCC-Bericht wird der Luftdüngungseffekt auch dargestellt, wenn auch – angesichts der Größe seiner Wirkung! – nicht mit dem ihm gebührenden Gewicht. Nur: In der Kurzfassung für Politiker (SPM; Summary for Policy Makers) ist der Effekt völlig verschwunden, mit keinem Wort mehr erwähnt. Infolgedessen spielt er auch in der öffentlichen Diskussion keine Rolle. CO2 wird lediglich als ein Gift wahrgenommen, das man vermeiden und vermindern muß – koste es, was es wolle.

Sie, sehr geehrter Herr Professor, haben den Luftdüngungseffekt ausdrücklich bestätigt. Aber dann haben Sie einen anderen Fehler gemacht. Sie haben die in meinem Vortrag erwähnte mögliche Sättigung des CO2-Düngungseffekts so gedeutet, als sei der Sättigungszustand schon nahe bevorstehend, und daher sei eine Einschränkung der CO2-Emission geboten. Wie an vielen anderen Stellen auch, argumentieren Sie hier rein qualitativ. (OK, die CO2-Wirkung im Pflanzenreich ist nicht Ihr Fachgebiet, da wollten Sie sich nicht genauer festlegen). Aber wie sieht es denn nun in der Natur mit der Sättigung aus? Gibt es Experimente dazu, und was sagen sie aus?

Bei Sojabohnen habe ich die Frage schon an einem Einzelfall mit einer instruktiven Graphik erörtert. (Soja ist eins der wertvollsten, nährstoffreichsten Nahrungsmittel und ist vor allem in Ostasien Bestandteil der meisten Mahlzeiten). Eine Sättigung des CO2-Hungers, erkennbar an ausbleibender Ertragssteigerung trotz CO2-Steigerung, wird für Sojapflanzen in der Natur nie eintreten. Es gibt nicht genug fossile Brennstoffe. Falls Sie nun einwenden, nach meinem eigenen Vortragstext habe es in der Erdgeschichte schon 10- bis 20-fach höhere CO2-Konzentrationen gegeben, so darf ich daran erinnern, daß der dafür erforderliche Kohlenstoff inzwischen größtenteils in den Kalkgebirgen (CaCO3) der Erde gebunden ist. Er ist dem C-Kreislauf auf Dauer entzogen. Verglichen mit dem Kalziumkarbonatgestein der Erdkruste sind die Kohlenstoffmengen in Kohle, Öl, Gas und im Ozeanwasser ganz gering.

Wie steht es aber mit der Sättigung bei anderen Nahrungspflanzen? Ich kann es kurz machen: Es gibt bei keiner C3-Pflanze (die 95% aller Pflanzen ausmachen), eine Sättigung unterhalb von 1.000 ppm CO2 (= 0,1%). Weizen gedeiht optimal bei 1.200 ppm.[18] Dazu müßte sich der jetzige CO2-Gehalt von 375 ppm noch mehr als verdreifachen. Zuviel CO2 gibt es in der Regel erst ab 10.000 ppm (=1%). Reichliches Zahlenmaterial zu den entsprechenden Experimenten findet man bei Idso [19].

Ihre Angabe: „... um den Zuwachs des CO2 bei 400 oder 450 ppm zu stoppen. Dann profitieren die Pflanzen von höherem CO2 (mehr bringt wegen der Sättigung ohnehin nichts), ohne an Klimastress (Dürre etc.) zu Grunde zu gehen.” ist einfach nicht wahr – ich kann es nicht schonender sagen. Sie sind kein Fachmann für Pflanzenphysiologie, aber vielleicht hätten Sie sich von einem solchen beraten lassen sollen, bevor Sie sich zu einer so abwegigen These verstiegen. Diese ist schon lange durch die Lehrbücher der Pflanzenphysiologie widerlegt. Pflanzen können sich sehr gut an sich ändernde Umweltfaktoren anpassen. Die beste Vegetation mit der größten Photosyntheseaktivität findet im Bereich des Äquators bei wesentlich höheren mittleren Temperaturen und Netto-CO2-Ausgasung der Ozeane statt.

Angesichts der lächerlich geringen Temperaturzunahme durch CO2 und des riesigen Wachstumsschubs für die meisten Pflanzen, die der menschlichen Ernährung dienen, verbunden auch noch mit vermindertem Wasserbedarf, gibt es überhaupt keinen Grund, CO2-Emissionen aus „Klimaschutzgründen” zu vermeiden. „Klimaschutz” sollte man zum Unwort des Jahrzehnts ernennen! Ehrlicherweise sollte man stattdessen den sparsamen Umgang mit Kohle, Öl und Gas fordern und fördern mit dem zutreffenden Argument, daß es unsere wichtigsten Chemie-Rohstoffe sind, und daß sie sich nicht erneuern. Aber dazu braucht man nicht das Schreckgespenst der globalen Erwärmung.

Meine Hauptpunkte sind damit ausreichend dargestellt. Am Rande möchte ich aber noch einige weitere Punkte festhalten.

Sonnenaktivität – ich zitiere Ihren Kommentar: „Noch etwas: egal wie sehr die Sonnenwirkung verstärkt sein könnte – seit 60 Jahren hat die Sonnenaktivität nicht zugenommen.” Das ist schon wieder falsch. Sehen Sie selbst: [20] „A Doubling of the coronal magnetic field during the past 100 years”, und ein paar Zeilen weiter: „Here we show that measurements of the near-Earth interplanetary magnetic field reveal that the total magnetic flux leaving the sun has risen by a factor of 1.4 since 1964. Surrogate measurements of the interplanetary magnetic field indicate that the increase since 1901 has been by a factor of 2.3”.

Diese Arbeit kannte ich 2002 noch nicht (Und Sie offenbar auch nicht). Die Zahlen zeigen, daß mein Hinweis auf die Unsicherheiten des indirekten solaren Einflusses völlig berechtigt waren. Ein Mißverständnis gilt es noch aufzuklären: Ich zitiere meinen Text von 2002: „Diese Beobachtungen widerlegen die Annahme einer stabilen „vorindustriellen” Atmosphäre und zeigen, daß CO2-Niveaus wie das heutige das Ergebnis sonnengesteuerter Temperaturzunahmen mit darauf folgender Ozean-Entgasung sind. Der rekonstruierte Verlauf aus der Zeit vor 9.000 Jahren gibt Auskunft über CO2-Zunahmen von 65 ppm pro Jahrhundert, die zu CO2-Niveaus wie dem heutigen führten, bei Temperaturen ebenfalls ähnlich den heutigen.”

Sie kommentierten: „Die heutigen hohen CO2-Werte nicht durch menschliche Emissionen, sondern durch Ozean-Ausgasung entstanden?” Nein – das wollte ich damit nicht sagen. Ich gebe allerdings zu, daß man meine obigen Sätze in diesem Sinne mißverstehen kann. Mit dem Zitat aus einer Buchkritik sollte lediglich gesagt werden, daß CO2-Änderungen vergleichbarer Größe wie im letzten Jahrhundert vor geologisch nicht sehr langer Zeit, nämlich vor 9.000 Jahren, allein aus natürlichen Ursachen aufgetreten sind. Und daß sie keine Folgen gehabt haben, die in der Gegenwart Grund zur Beunruhigung gäben. Daß der jetzige CO2-Zuwachs menschengemacht ist, wollte ich keineswegs in Abrede stellen! Damit erübrigt sich Ihre daran geknüpfte Polemik, und insbesondere entfällt der Vorwurf, ich widerspräche mir selbst am Beginn meiner Zusammenfassung von 2002.

Zusammenfassung

Der Text ist nun ziemlich lang geworden – eine Bilanz scheint angebracht:

  1. Direkte Temperaturmessungen der Atmosphäre mit Satelliten, Ballonsonden und mit den zuverlässigsten Bodenmessungen zeigen nur einen globalen Erwärmungstrend von 0,076° pro Jahrzehnt – dreimal kleiner als die Angabe der von Rahmstorf zitierten Autoren, und zweimal kleiner als die fehlerhaften Bodenmessungen, mit denen die Kyoto-Forderungen nach Emissionsbeschränkungen für CO2 begründet werden.
  2. Indirekte „Beweise” für die globale Erwärmung, abgeleitet aus Beobachtungen des Abschmelzens des Kilimandscharo-Gipfelgletschers oder des zeitweiligen Massenverlusts des Nordpoleises sind klar auf andere Ursachen zurückführbar, wie insbesondere Dalys sorgfältige Analysen zeigen.
  3. Das koronale Magnetfeld der Sonne hat im vergangenen Jahrhundert um den Faktor 2,3 und seit 1964 um den Faktor 1,4 zugenommen – im Gegensatz zu Rahmstorfs Behauptung, es hätte in den letzen 60 Jahren nicht zugenommen. Effekte des solaren Magnetfeldes haben die IPCC-Szenarien bisher außer Acht gelassen.
  4. Das in einer Arbeit von 19 Autoren (Thomas et.al.) befürchtete Artensterben als Folge der von ihnen erwarteten globalen Erwärmung bis 2050 ist unbegründete Panikmache. Erstens wird die Erwärmung viel kleiner ausfallen als erwartet, und zweitens hat eine etwaige Erwärmung genau die gegenteiligen Folgen – vermehrte Artenvielfalt und Erweiterung von Lebensräumen bestehender Arten polwärts, bergwärts und wüstenwärts.
  5. Für alle Nahrungspflanzen vom Typ C3 (d.h. 95% aller Pflanzen) sind schon bei der bisherigen CO2-Zunahme um 30% in den letzten 140 Jahren beträchtliche Zuwächse ihrer Biomasse gemessen worden, sogar überproportional um mehr als 30%. Der „vorindustrielle” CO2-Gehalt der Atmosphäre von 280 ppm erweist sich somit als „Hungerdiät”. Rahmstorfs Behauptung, meine Angaben zu diesem Thema seien „Phantasiezahlen”, ist gänzlich unqualifiziert.
  6. Der positive Luftdüngungseffekt auf das Pflanzenwachstum wird von Rahmstorf bestätigt. Der Effekt geht aber nicht „bei 400 bis 450 ppm CO2” in eine Sättigung über (wie Rahmstorf behauptet), sondern erst ab etwa 1.000 ppm. Für Weizen ist ein optimales Wachstum erst bei 1.200 ppm erreicht. Damit entfällt auch diese Begründung für eine globale Einschränkung der CO2–Emissionen. Mit den aus fossilen Energieträgern gewinnbaren CO2-Mengen ist ein CO2-Gehalt der Atmosphäre von 1.000 oder mehr ppm voraussichtlich nie erreichbar.

Bilanz: Die globale Erwärmung ist ein Gespenst, das bei allen Tests auf seine reale Existenz durchgefallen ist. Klimatologen wie Sie, Herr Prof. Rahmstorf, stricken mit der Autorität Ihres Titels an einer Legende, die unsere Volkswirtschaft nach Schätzung des Wirtschaftsministeriums 250 Milliarden Euro bis 2020 kosten wird – und wenn sie den erhofften Erfolg hat, wird sie die globale Temperatur bis 2050 um 0,02°C senken. Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht und tragen Sie dazu bei, einer unvernünftigen Politik (Zertifikathandel!) mit unvernünftigen Zielen (Verminderung der Nahrungsmittelproduktion, Verteuerung der Energie, Verlust von Arbeitsplätzen) ein Ende zu machen!

Alvo v. Alvensleben

extener Link http://www.dimagb.de/info/bauphys/umwelt/alve1.html

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